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Wenn die Sehkraft nachlässt...
Sehhilfen und ihre Finanzierung

von Heike Clauss und Hans-Joachim Meyer, 2006

Wenn die Sehkraft nachlässt und eine normale Brille nicht mehr ausreicht, um zu lesen, Kreuzworträtsel zu lösen, Briefe zu schreiben etc., bedeutet das für viele ältere Menschen Einschränkungen in der selbstständigen Lebensführung und die Aufgabe bisheriger Freizeit-aktivitäten. Das muss nicht sein. Es gibt verschiedene optische und elektronische Sehhilfen, die auf die Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren ausgerichtet sind.

Optische Sehhilfen

Die meisten älteren sehbehinderten Menschen meistern ihre alltäglichen Aufgaben mit optischen, vergrößernden Sehhilfen. Die Handlupe ist dabei die einfachste Lösung, es gibt sie auch mit integrierter Beleuchtung. Standlupen, die an einem Stativ montiert werden, haben den Vorteil, dass die Lupe nicht permanent gehalten werden muss und immer den richtigen Abstand zum Lesegut bieten (mit oder ohne Beleuchtung). Bei prismatischen Lupenlesebrillen, sind sogar beide Hände frei, und es können bei entsprechender Sehleistung sogar Handarbeiten durchgeführt werden. Außerdem gibt es Lupen als Aufstecker auf die Brille, diese werden dann nur bei Bedarf benutzt. Möglich sind auch Kombinationen aus verstärkter Lesebrille für Überschriften oder Fettdruck sowie zusätzlicher Hellfeldlupe für kleineren Druck. Entscheidende Verbesserungen können auch zusätzliche Beleuchtungen bieten, die je nach Erkrankung und der damit einhergehenden unterschiedlichen Lichtempfindlichkeit der Augen von einer anderen Lichtquelle stammen sollten.

Für die Fernvergrößerung gibt es Fernrohrlupenbrillen in unterschiedlichster Ausführung. Galilei-Systeme bieten bei 2 bis 2,5-facher Vergrößerung das größere Blickfeld, Keppler-Systeme haben die höhere Vergrößerung ( bis ca. 4-fach) und können zum Fernsehen benutzt werden. Mit zusätzlichen Aufstecklupen eignen sich diese Sehhilfen auch für mittlere Entfernungen z.B. beim Arbeiten am PC-Monitor oder zum Lesen. Vor das Fernsehgerät können auch so genannte TV-Lupen gesetzt werden, die eine Vergrößerung um 50 Prozent ermöglichen.

Für höhere Vergrößerungen in der Ferne benutzt man Fernrohre oder Monokulare mit 6 bis 8-facher Vergrößerung. Damit können z.B. Straßenschilder erkannt und wegen der Nahfokussierung bis auf ca. 20cm sogar Fahrpläne gelesen werden. Im Freien können oftmals durch kontrastverstärkende Kantenfilter-Gläser die Sehleistung um eine bis zwei Visus (Sehschärfe)-Stufen verbessert werden.

Finanzierung optischer Sehhilfen

Bei den optischen Sehhilfen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen in der Regel die Leistungen nur für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres sowie für sehbehinderte Menschen mit einer Sehleistung (auch mit Brille oder Kontaktlinsen) von weniger als 30 Prozent auf dem besseren Auge, laut Angaben der WHO. Das heißt, dass z. B. Leistungen gewährt werden, wenn die Sehleistung rechts 25 und links 15 Prozent beträgt. Keine Leistungen erhält aber, wer rechts eine Sehleistung von 40 Prozent und links 20 Prozent hat. Sinkt die Sehleistung bei einem Auge unter 20 Prozent, dann spricht man von funktioneller Einäugigkeit. Auch wenn das andere Auge voll sehend ist, stehen diesen Betroffenen dann die Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu. In allen Fällen muss jedoch die Sehhilfe ärztlich verordnet werden. Die Höhe der Leistungen werden durch die so genannten Festbeträge für Sehhilfen geregelt:

  • Brillengläser werden nach Stärke, Ausführung (Einstärken, Zweistärken und Dreistärken usw.) und Material (Glas oder Kunststoff) bezuschusst.
  • für Kontaktlinsen werden die Leistungen gestaffelt nach Material (harte oder weiche Kontaktlinsen) sowie für alle Linsen zusätzlich nach der Differenzierung in sphärisch, asphärisch, torisch und diverse Speziallinsen.
  • vergrößernden Sehhilfen werden je nach Sehhilfe unterschiedlich bezuschusst: Einschlaglupen: 9,64 Euro, Handlupe ohne Beleuchtung: 24,08 Euro, Handlupe mit Beleuchtung: 46,55 Euro, Stand- und Klemmlupe mit oder ohne Beleuchtung: 69,66 Euro.

Für alle weiteren Sehhilfsmittel müssen Kostenvoranschläge erstellt werden, die von den Fachabteilungen der Krankenkassen geprüft und bewilligt werden, sofern die Hilfsmittel im Leistungskatalog verzeichnet sind. Größtenteils werden die Kosten übernommen.

Elektronische Sehhilfen

Reichen optische Hilfen nicht mehr aus, das ist ca. ab einer Sehschärfe kleiner 0,1 (10 Prozent) der Fall, kommen elektronische oder opto-elektronische Hilfen zum Einsatz.

Bildschirmlesegeräte

Eine solche opto-elektronische Hilfe ist das Bildschirmlesegerät, auch Kamera-Lesesystem genannt. Schriftstücke oder andere "kleine" Dinge werden mit einer Kamera aufgenommen und stark vergrößert auf einem Monitor wiedergegeben. Je nach Art der Sehbehinderung können Vergrößerung, Kontrast und Helligkeit variiert werden. Bei genügendem Abstand zwischen Kamera und Arbeitsfläche kann unter der Kamera geschrieben oder handwerklich gearbeitet werden.

Zu beachten ist: je höher die benötigte Vergrößerung ist, desto kleiner wird der auf dem Bildschirm dargestellte Ausschnitt. Vor allem das Lesen längerer Texte erfordert dann große Konzentration, um den Zusammenhang zu erfassen.

Vorlesesysteme

Wenn die Sehkraft nicht mehr ausreicht oder das Lesen zu anstrengend ist, können Vorlesesysteme eingesetzt werden. Sie werden offiziell auch als Lesesprechgeräte bezeichnet. Der Nutzer scannt damit Schriftstücke ein, und kurz darauf wird der Text von einer Sprachausgabe vorgelesen.

Beide Lösungen, Bildschirmlesegerät und Vorlesesystem, gibt es in Ausführungen, die besonders gut für ältere Nutzer geeignet sind. Wichtig ist, dass es nicht zu viele Bedienelemente gibt und diese erhaben, griffig, farbig abgesetzt und sinnvoll nach Wichtigkeit der Funktionen angeordnet sind. Generell gilt: je mehr Einstellmöglichkeiten ein Gerät hat, desto aufwendiger muss die Bedienung eingeübt werden. Ein einfaches Vorleseystem kann schon mit zwei Tasten bedient werden.

Computer und Internet

Immer mehr Senioren schrecken auch vor moderner Informationstechnik nicht zurück, sie arbeiten am PC, surfen im Internet und schreiben E-Mails. Auch hierfür sind spezielle Hilfs-mittel auf dem Markt.

Menschen mit einer Sehbehinderung können auf Großbildsysteme zurückgreifen. Das ist eine Software, die den Computerbildschirm vergrößert und auch verschiedene Farb- und Kontrast-einstellungen ermöglicht. Für den effektiven Umgang mit einem Großbildsystem ist jedoch eine Schulung erforderlich.

Auch blinde Menschen können am Computer arbeiten. Der Bildschirminhalt wird dann vorgelesen und/oder über eine Braillezeile in der Blindenpunktschrift ausgegeben. Benötigt wird hierfür eine Zugangs- oder Brückensoftware, der Screenreader. Ohne umfangreiche Hilfsmittelschulung und längere Einarbeitungszeit ist die Nutzung jedoch nicht möglich. Entsprechend selten werden Computerhilfsmittel (bislang noch) von sehbehinderten Senioren genutzt.

Finanzierung elektronischer Hilfsmittel

Besonders elektronische Hilfsmittel sind nicht billig. Bildschirmlesegeräte in einfacher Ausführung kosten ab ca. 2.500 Euro, Vorlesesysteme sind ab ca. 4000 Euro erhältlich. Grundsätzlich werden die beschriebenen Hilfsmittel von den Krankenkassen finanziert, wenn sie aufgrund der Seheinschränkung notwendig sind. Die Bewilligungspraxis der einzelnen Kassen ist jedoch sehr unterschiedlich. Für die "teuren" Bildschirmlesegeräte und Vorlesesysteme muss in der Regel ein Lesebedarf von mindestens fünf Stunden pro Woche geltend gemacht werden. Wichtig auch zu wissen: Es gibt "Kassengeräte", für die die Kosten übernommen werden. Andere Geräte werden überhaupt nicht oder nur bis zu einem Festbetrag finanziert. Anschaffungskosten, die diesen Festbetrag übersteigen, muss man selbst tragen.

! Prinzipiell gilt: Wer ein Hilfsmittel beantragen möchte, sollte sich vorher informieren. Beratung bieten die Blinden- und Sehbehindertenvereine oder für optische Hilfsmittel auch spezialisierte Optiker.



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Letzte Änderung: 19.07.2010 | © 2006 - 2013 DIAS GmbH | Impressum | Barrierefrei?