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INCOBS: Informationspool Computerhilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte

von Thomas Lilienthal und Heike Clauss, INCOBS 2006

In der "Selbsthilfe" wird des öfteren über Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen berichtet. Beiträge hierzu werden von dem Projekt INCOBS - Informationspool Computerhilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte geliefert. INCOBS testet Hilfsmittel und informiert anbieterneutral über deren Leistungsfähigkeit. In dieser Ausgabe wollen wir das Projekt vorstellen und einen Einblick in die INCOBS-Testwerkstatt geben.

Ausgangspunkt

Computer, Internet & Co. sind auch für blinde und sehbehinderte Menschen Teil des Alltags geworden. Möglich ist dies durch spezielle elektronische Hilfsmittel, die den Inhalt des Computerbildschirms vergrößern bzw. per Sprache wiedergeben. Besonders im Beruf ist die optimale Ausstattung mit Hilfsmitteln und barrierefreier Kommunikationstechnik unerlässlich. Büroarbeitsplätze sind inzwischen der zentrale Integrationsbereich blinder und sehbehinderter Menschen. Der effiziente Umgang mit moderner Kommunikationstechnologie ist entscheidend für die Berufschancen von Arbeitnehmern mit hochgradiger Sehbehinderung.

Ziele und Aufgaben

Das Projekt INCOBS unterstützt die Einrichtung von Computerarbeitsplätzen für blinde und sehbehinderte Menschen. INCOBS informiert anbieterneutral über das Leistungsspektrum elektronischer Hilfen, z.B. Braillezeilen, Bildschirmlesegeräte, Großbildsysteme, Lesesprechgeräte, Screenreader.

Auch die Nutzbarkeit moderner Kommunikationstechnologien für Menschen mit Sehschädigung wird von INCOBS beschrieben, z.B. Diktiergeräte, Mobiltelefone oder Notizgeräte.

Basis des Informationsangebotes sind umfassende Produkttests, die gemeinsam mit Anwendern und Experten entwickelt werden. Überprüft wird die Zugänglichkeit wichtiger Anwendungsprogramme sowie die Bedienbarkeit und Ergonomie von Hard- und Software.

Sämtliche Ergebnisse des Projekts werden im Internet unter www.incobs.de und in Form von Broschüren veröffentlicht. Außerdem führt INCOBS Seminare zum Thema "Arbeitsplatzausstattung für Blinde und Sehbehinderte" durch. Zielgruppen hierbei sind Schwerbehindertenvertretungen, Integrationsämter und -fachdienste, Rehalehrer usw.

INCOBS ist ein Projekt der DIAS GmbH, Hamburg, mit Unterstützung des Deutschen Blinden und Sehbehindertenverbands e.V. (DBSV) und des DVBS (Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V.) INCOBS wird durch das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung gefördert.

Wie testet INCOBS Hilfsmittel?

Ziel von INCOBS ist es, gesicherte Informationen zur Leistungsfähigkeit von Computerhilfsmitteln bereitzustellen. Wie aber lässt sich deren Gebrauchstauglichkeit beurteilen oder "messen"? Als Faustregel kann gelten: Computerhilfsmittel sind umso leistungsfähiger, je besser sie durch Sehbeeinträchtigungen bedingte Einschränkungen im Umgang mit Computern kompensieren. Von dieser grundsätzlichen Erkenntnis bis hin zu ausdifferenzierten Testverfahren ist es allerdings ein weiter Weg.

Bei der Entwicklung des Testverfahrens stehen die Anforderungen blinder und sehbehinderter Computernutzer am Arbeitsplatz im Zentrum. Selbstverständlich ist es deshalb, diese Personengruppen von Anfang an an dem Test zu beteiligen. Über Umfragen in Mailinglisten, Gruppendiskussionen und Experteninterviews werden Anforderungen an Hilfsmittel definiert und existierende Schwachstellen identifiziert. Dabei wird für jede Produktgruppe, z.B. Braillezeilen, Bildschirmlesegeräte, ein spezielles Testverfahren entwickelt. Es lassen sich hierbei 3 Bereiche unterscheiden:

Zugänglichkeit wichtiger Anwendungsprogramme

Wesentliche Aufgabe von Computerhilfsmitteln ist es, Anwendungsprogramme zugänglich zu machen. Um zu prüfen, ob die Hilfsmittel diesen Anforderungen genügen, wurden Testverfahren entwickelt, die Schritt für Schritt typische Arbeitsaufgaben simulieren. Das lässt sich an einem Beispiel demonstrieren:

Typische Aufgabe eines Büroarbeitsplatzes ist das Schreiben von Briefen mit MS Word. Um einen Text zu schreiben, sind in der Regel verschiedene Arbeitsschritte notwendig, z. B. Bearbeiten, Formatieren und Korrigieren von Text. Auch die Textbearbeitung lässt sich wiederum in Einzelschritte unterteilen, z. B. Markieren einer Textpassage und Einfügen von Textbausteinen. Und erst hier setzen die eigentlichen Testfragen an: Können die Aufgaben mit dem Hilfsmittel durchgeführt werden? Welche Schritte sind hierzu notwendig? Welche Informationen zeigt das Hilfsmittel dem Nutzer an?

Untersucht wird dabei nicht nur, ob wichtige Funktionalitäten von Anwendungsprogrammen, wie z.B. MS Word oder MS Excel, für einen blinden oder sehbehinderten Nutzer über das Computerhilfsmittel überhaupt zugänglich sind. Die Testaufgaben geben neben den gewünschten Ergebnissen auch vor, wie oder anders gesagt, mit welchen Bedienschritten die Testaufgaben durchzuführen sind. Damit soll sichergestellt werden, dass die Computerhilfsmittel auch hinsichtlich ihrer Effektivität den Nutzeranforderungen entsprechen. Der Computerarbeitsplatz soll, wie beim sehenden Kollegen auch, ein möglichst reibungslos funktionierendes Arbeitswerkzeug sein.

Tests zur Zugänglichkeit von Anwendungsprogrammen sind übrigens aufwendig. Allein um zu prüfen, wieweit sehbehinderte Personen mittels Großbildsystemen das Textverarbeitungsprogramm MS Word nutzen können, wurde ein Testverfahren mit insgesamt 70 Testaufgaben eingesetzt.

Bedienbarkeit und Kompatibilität

Die Leistungsfähigkeit von Computerhilfsmitteln bemisst sich aber nicht allein an der Zugänglichkeit von Anwendungsprogrammen. Auch der Ergonomie kommt entscheidende Bedeutung zu. Dies gilt insbesondere für "hardwarelastige Produkte" wie Braillezeilen, Lesesprechgeräte oder Bildschirmlesegeräte. Bei Braillezeilen beispielsweise sollen Schalter und Tasten so angeordnet sein, dass das so genannte "Auslesen" des Bildschirms mit nur einer Hand möglich ist.

Ein weiterer wichtiger Bereich betrifft die Kompatibilität von Computerhilfsmitteln: So ist bei Hardware gefordert, dass - je nach individuellen Nutzeranforderungen - weitere Geräte wie z. B. ein Scanner oder eine externe Sprachausgabe angeschlossen werden können. Um die erforderlichen Angaben zur Bedienbarkeit und Kompatibilität zu erhalten, werden technische Daten erhoben und geeignete Tests durchgeführt: Ist die Einhandbedienung beim Auslesen einer Testseite tatsächlich möglich? Sind die erforderlichen Schnittstellen zum Anschluss weiterer Hilfsmittel vorhanden?

Dienstleistungsangebot

Ein dritter Bereich des INCOBS-Testverfahrens befasst sich mit den Dienstleistungen rund um das Computerhilfsmittel. Die Unterstützung des Nutzers durch passende Dienstleistungen ist ein nicht zu unterschätzender Faktor für deren Gebrauchstauglichkeit. Beratung und Erprobung, Wartung und Service, Hotline und Mailinglisten sind wichtige Qualitätsmerkmale des Hilfsmittelangebotes. Dienstleistungstests sind allerdings aufwendig und nur bedingt aussagekräftig. Auch hierzu ein Beispiel: Um zuverlässig zu ermitteln, wie gut und rasch ein bestimmter technischer Defekt bei einem Großbildsystem behoben wird, müsste eine größere Anzahl "verdeckter" Testreparaturen in Auftrag gegeben werden. Zugleich müsste bundesweit getestet werden, um regionale Unterschiede auszuschließen. Am Ende würden dann wiederum Durchschnittswerte zur Dienstleistungsqualität einzelner Hilfsmittelanbieter stehen. Ergebnisse, die zwar eine erste Orientierung bieten, letztlich aber über die Qualität des jeweiligen Vor-Ort-Services nur wenig aussagen. Angemessener ist es, mittels Experteninterviews und durch Auswertung von Anwendererfahrungen wichtige Anforderungen und Probleme zum Thema Dienstleistungen zu ermitteln, um auf dieser Grundlage Hinweise und Tipps zu geben, worauf die Nutzer beim Service achten müssen.

Die INCOBS-Testverfahren beziehen grundsätzlich alle drei genannten Bereiche ein. Je nach Hilfsmittel und Aufgabenstellung kommen unterschiedliche Methoden bzw. Instrumente zum Einsatz. Im Zentrum steht dabei die praktische Erprobung durch sehbehinderte und blinde Tester.

Durchführung der Tests gemeinsam mit Anbietern

Durchgeführt werden die Tests von INCOBS-Mitarbeitern. Im Zentrum der Tests steht dabei die praktische Prüfung. Hierbei werden, unter Einbeziehung sehbehinderter oder blinder Tester, die Aufgaben an den zu testenden Produkten abgearbeitet. Wichtig ist dabei auch die Einbeziehung der Produktanbieter, die nach Möglichkeit ebenfalls an den praktischen Tests teilnehmen sollten. So lassen sich Schwachstellen des Testprogramms besser aufspüren und Produktbesonderheiten angemessener darstellen. Dieses Konzept ist bisher durchaus aufgegangen. Die meisten Anbieter stellen INCOBS ihre Produkte zum Testen kostenlos zur Verfügung, sie beteiligen sich an der Diskussion um geeignete Testverfahren und begleiten die eigentlichen Tests durch erfahrene Mitarbeiter.

Vom Testverfahren zu Produktstandards

Die auf den ersten Blick vielleicht ungewöhnlich erscheinende Zusammenarbeit mit den Produktanbietern hat durchaus ihren Sinn. Die Anbieter sollen auf diesem Weg für die ins Testprogramm einfließenden Belange und Anforderungen der Hilfsmittelnutzer sensibilisiert werden. Ein weiteres Ziel ist, dass die Anbieter die von INCOBS entwickelten Testverfahren für die zukünftige Produktentwicklung nutzen. Denn, wie bereits ausgeführt, spezielle Testverfahren oder Qualitätsstandards für Computerhilfsmittel existieren bisher nicht. Die Produktentwickler müssen sich neben eigenen Erkenntnissen und den Erfahrungen von Beta-Testern an dem orientieren, was allgemein zum Thema Softwareergonomie oder Gebrauchstauglichkeit gefordert wird. Im Rahmen des INCOBS-Projekts werden nun erstmals standardisierte Testverfahren vorgelegt, die sich an Nutzer- und Arbeitsplatzanforderungen orientieren und zugleich definieren, wie bestimmte Funktionen umgesetzt werden sollen.

www.incobs.de - INCOBS im Internet

INCOBS versteht sich als eine Informationsplattform, die anbieterneutrale, aktuelle und für Anwender und Experten nützliche Informationen zum Thema Computerhilfsmittel bereitstellt. Die Projektergebnisse werden auf den INCOBS-Internetseiten präsentiert und sind dort für alle Interessierten kostenlos abrufbar. Die gewonnenen Daten werden dabei für unterschiedliche Informationsangebote aufbereitet. Neben den eigentlichen Testergebnissen gibt es auf den INCOBS-Seiten auch Marktübersichten, Produktbeschreibungen und Checklisten für die Anschaffung von Hilfsmitteln. Adresslisten sowie Hinweise zur Finanzierung und zu Beratungsangeboten runden das Angebot ab.

Die INCOBS-Informationen sind breit gefächert. Geboten werden neben Hinweisen für Einsteiger auch differenzierte Testergebnisse für Kenner. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Informationsbedarf rund um das Thema Computerhilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte recht unterschiedlich ist. Dies gilt übrigens nicht allein für die Benutzer dieser Hilfsmittel. Auch auf Seiten betrieblicher EDV-Verantwortlicher oder bei den Technischen Beratern der Kostenträger reicht das Spektrum vom Laien bis hin zum versierten Experten.



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Letzte Änderung: 19.07.2010 | © 2006 - 2013 DIAS GmbH | Impressum | Barrierefrei?