Navigation

HINWEIS: Sie betrachten einen archivierten Inhalt. Bitte besuchen Sie auch unseren aktuellen Auftritt unter www.incobs.de

Bereichsmenü: Über INCOBS


Sie sind hier: Startseite > Über INCOBS > Veröffentlichungen > Artikel: Archiv > Was können Bildschirmlesegeräte?

Was können Bildschirmlesegeräte?

Ein Test des Projektes INCOBS der DIAS GmbH, 2004

Was können Bildschirmlesegeräte?

Bildschirmlesegeräte kommen als Sehhilfe immer dann zum Einsatz, wenn eine einfache Brille oder eine Lupe nicht mehr ausreicht. Das Prinzip ist dabei ganz einfach: die Vorlage, z.B. ein Zeitungsartikel, ein Brief oder ein Bild, wird von einer Kamera aufgenommen und vergrößert auf einem Monitor wiedergegeben. Der Vorteil gegenüber einer simplen Lupe besteht darin, dass nicht nur höhere Vergrößerungsstufen, sondern auch Helligkeit, Kontrast und meistens auch verschiedene Farbdarstellungen eingestellt werden können. So muss ein Text nicht unbedingt schwarz/weiß gelesen werden: Die Anwender können meist aus einer Vielzahl von Farbkombinationen wählen, die für Menschen mit Sehbehinderung eventuell angenehmer sind, wie z.B. gelbe Schrift auf schwarzem Grund oder rote Schrift auf schwarzem Grund. Viele Bildschirmlesegeräte bieten darüber hinaus als weitere Lesehilfe einen sogenannten Kreuztisch, auf dem die Vorlage liegt und der horizontal und vertikal bewegt werden kann. Damit lassen sich Zeilen oder Spalten leichter einhalten als beim Hin- und Herschieben von Hand.

Viele Varianten

Da es viele unterschiedliche Seheinschränkungen gibt, sind die Bedürfnisse sehr verschieden. Die einen sehen vor allem an der Peripherie gut, Menschen mit sogenanntem "Tunnelblick" sehen dagegen oft im Zentrum gut; dafür ist der Blickwinkel stark eingeschränkt. Viele empfinden viel Licht als eine Hilfe, andere sind genau davon stark geblendet. Hieraus ergibt sich, dass es nicht ein Bildschirmlesegerät geben kann, das für alle gleichermaßen ideal ist.

Die Bandbreite der angebotenen Geräte spiegelt die Vielfalt der Nutzeransprüche wider. Dieses gilt nicht nur für die unterschiedlichen Sehfähigkeiten, sondern auch für die Anwendungszwecke des Gerätes. Denn Bildschirmlesegeräte sind Hilfsmittel, die nicht nur zu Hause, sondern auch am Arbeitsplatz eingesetzt werden. Viele verfügen über die Möglichkeit, zusätzlich Dinge im Raum mit einer Fernkamera zu betrachten, was z.B. auf Konferenzen mit visuell unterstützten Vorträgen oder in Ausbildungssituationen von Vorteil ist. Diese Geräte werden daher auch als "Tafellesegeräte" bezeichnet.

Auch der Platzbedarf der Kamerasysteme ist sehr unterschiedlich. Einige haben Monitor, Kameraelement und Kreuztisch in einem kompakten Gehäuse integriert, bei anderen kann der Monitor beliebig positioniert werden. Hier kann dann z.B. auch ein platzsparender Flachbildschirm angeschlossen werden. Noch kleiner sind die Bildschirmlesegeräte, bei denen sich die Kamera an einem einfachen Arm befindet und damit so ähnlich wie eine Schreibtischlampe aussieht. Es gibt auch Lesegeräte für die Handtasche, die allerdings eher für das Lesen eines Preisschildes oder einer Speisekarte als für das Lesen eines längeren Romans in Frage kommen.

Was wurde getestet?

Das Projekt INCOBS hat von Mai bis Oktober 2004 Bildschirmlesegeräte untersucht, die für längeres Lesen gedacht sind. Der Kriterienkatalog für den Test wurde mit erfahrenen Anwendern entwickelt. Eine detaillierte Darstellung findet sich auf der Internetseite des Projekts unter www.incobs.info wieder. Sie ist der Übersichtlichkeit halber in verschiedene Kategorien gruppiert:

  • Geräte mit Monitor und Kreuztisch
  • Geräte mit PC-Anschluss
  • Geräte mit Fernkameraanschluss

Diese Einteilung wurde nach möglichen Kaufkriterien und nicht nach der Ausstattung der Bildschirmlesesysteme vorgenommen; sie ist also nicht trennscharf. Daher tauchen einige Geräte aufgrund ihrer Ausstattung in mehr als einer Kategorie auf: so verfügen z.B. alle untersuchten Geräte mit Fernkameraanschluss auch über einen PC-Anschluss, und zwei Systeme werden mit Monitor und Kreuztisch geliefert und verfügen zusätzlich über einen PC-Anschluss. Hier die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

Gemeinsamkeiten und Trends

Es hapert bei den Bildschirmlesegeräten nicht an den Grundfunktionen: mit allen untersuchten Lesegeräten kann man problemlos lesen, immer lassen sich Kontrast und Vergrößerung individuell einstellen, fast immer auch verschiedene Lesefarben. Es stellt sich also eher die Frage, wie angenehm das System im Dauergebrauch ist und ob es nicht Geräte gibt, die für die eigenen Anforderungen noch besser geeignet sind. Die Bandbreite des Angebotes ist groß. Dabei wäre es einigermaßen unfair, einen teuren "Allrounder" für den Arbeitsplatz mit einem Gerät zu vergleichen, das vor allem für den privaten Gebrauch gedacht ist und wirklich nur zum Lesen der Post, von Kochrezepten, Tageszeitung und Belletristik benutzt wird. Schließlich ist es auch eine Kostenfrage - was an einem Gerät "dran" ist, muss auch mitbezahlt werden.

Als Trend ist festzustellen, dass nur noch wenige Geräte Monitor, Kameraelement und Lesetisch in einem Gehäuse integriert haben. Viel häufiger sind Kreuztisch und Kameraelement miteinander verbunden und der Monitor kann wahlweise auf oder neben dem Kameraelement stehen. Eine mittlerweile ebenfalls recht große Gruppe bilden die kombinierten Nah-/ Fernkameras, mit denen sowohl das Lesegut als auch Dinge im Raum vergrößert werden können. Sie kommen oft auch ohne Zusatzbeleuchtung aus, was für blendempfindliche Anwender interessant sein kann.

Ein wesentlicher Handhabungsunterschied besteht zwischen beiden Gruppen in der freien Arbeitshöhe, also in dem Abstand zwischen Kamera und Tisch. Geräte, bei denen Kameraelement und Lesetisch fest miteinander verbunden sind, haben in der Regel nur etwa 15 cm freie Arbeitshöhe. Dadurch wird z.B. das Hantieren mit DIN A4-Ordnern oder Handarbeiten unter der Kamera schwierig. Bei den kombinierten Nah-/Fernkameras ist die freie Arbeitshöhe größer, da diese an einem längeren Arm angebracht sind.

Die Arbeit unter dem Schreibstativ einer Handkamera hat sich bei unserer Untersuchung als eher schwierig herausgestellt. Die freie Arbeitshöhe ist nicht groß und der Fuß des Stativs ist dann auch oft im Weg. So ist diese Konstruktion zwar platzsparend, aber eher geeignet, mal einen Überweisungsträger oder einen Lottoschein auszufüllen, nicht unbedingt für umfangreichere handschriftliche Arbeiten. In jedem Fall empfiehlt sich sorgfältiges Ausprobieren.

Ein von der Ausstattung der Geräte weitgehend unabhängiger Punkt ist der Service. Die von uns befragten Anwender haben die Erfahrung gemacht, dass es oft einen Unterschied zwischen dem Service am Arbeitsplatz und dem Support für das Privatgerät gibt. Ist das Bildschirmlesegerät am Arbeitsplatz defekt, steht dort schon kurze Zeit später Ersatz. Zu Hause muss dagegen meist länger gewartet werden oder der Kunde muss mehr selbst erledigen. Es sei aber auch erwähnt, dass die befragten Anwender, die allesamt viele Jahre Erfahrung mit Bildschirmlesegeräten hatten, nur selten über Defekte zu klagen hatten.

In der Untersuchung haben alle Anbieter angegeben, die Geräte im Falle eines Defektes durch Mitarbeiter untersuchen und ggf. reparieren zu lassen. Damit stehen die Kunden also nicht etwa vor der Aufgabe, das Bildschirmlesegerät selbst einzuschicken. In jedem Fall sollte man sich darüber beim Kauf erkundigen. Ebenfalls positiv: Für die meisten Geräte gibt es Handbücher in verschiedenen Sprachen, mit sehr wenigen Ausnahmen in jedem Fall auf deutsch.

Geräte mit Monitor und Kreuztisch

Lesegeräte ohne PC-Anschluss lassen sich in der Regel einfach bedienen. Sie verfügen über wenige Zusatzfunktionen und haben keinen Anschluss für eine Fernkamera. Der Monitor kann immer auf dem Kameraelement stehen, was dem Ganzen ein recht kompaktes Aussehen gibt, aber auch stabil ist. Erfreulich war in unserem Test, dass mit einer Ausnahme (das Farbgerät Videomatic ec) alle Lesesysteme mit mitgeliefertem Monitor und Kreuztisch mindestens mit 75 Hz Bildwiederholfrequenz arbeiten, damit das Bild beim Betrieb mit einem konventionellen Monitor nicht stark flimmert. Bei Kamerasystemen, die das nicht bieten, ist zu überlegen, ob nicht besser ein Flachbildschirm angeschlossen werden sollte, wenn dieses möglich ist. Leider entsprachen die mitgelieferten Monitore der drei Schwarz-Weiß-Bildschirmlesegeräte (Krankenkassenausstattung) nur dem veralteten Strahlenschutzstandard MPR II.

Geräte mit PC-Anschluss

In dieser Kategorie finden sich sehr unterschiedliche Geräte wieder: einerseits fallen hierunter alle Geräte mit Fernkameraanschluss oder sonstigen Extras, andererseits finden sich auch recht einfache Exemplare, die über den PC-Anschluss hinaus nur wenige zusätzliche Funktionen bieten. Insgesamt sind die Bildschirmlesegeräte mit PC-Anschluss aber eher auf typische Büroarbeiten ausgelegt als die ohne Anschlussmöglichkeit.

In den Basisfunktionen waren sich noch alle relativ ähnlich: sämtliche Kamerasysteme dieser Gruppe verfügen über Echtfarb- und Fehlfarbdarstellung, fast alle (17 von 19) über einen Autofokus, der das Bild automatisch scharf stellt. Nur vier Geräte lassen in der Standardversion keine Bildschirmteilung zu. Mit Hilfe der Bildschirmteilung wird die Monitordarstellung in PC- und Kamerabild unterteilt, was z.B. beim Abschreiben von Text sehr hilfreich sein kann. Allerdings wird dadurch der gezeigte Bildausschnitt verkleinert, was nicht allen Anwendern gefällt.

Unterschiede zwischen den verschiedenen Bildschirmlesegeräten ließen sich vor allem in den zusätzlichen Lese- und Arbeitshilfen und bei der Bedienung ausmachen.

Lesehilfen und Bedienung

Bildschirmlesegeräte, die außer ihrem PC-Anschluss kaum über Zusatzfunktionen verfügen, lassen sich meist über wenige Knöpfe an der Stirnseite des Kameraelementes bedienen und sind normalerweise einfach zu handhaben. Oft gibt es neben der Umschaltung per Hand auch die Möglichkeit, mit einem Fußschalter zwischen PC- und Kamerabild hin- und herzuschalten.

Zur besseren Orientierung an einer Zeile oder Spalte gibt es die Möglichkeit zur Zeilenabdeckung oder Zeileneinblendung, bei vielen Geräten funktioniert das auch für Spalten. Eine andere Orientierungshilfe ist ein Laserpointer, der die Position der Kamera über dem Lesegut anzeigt.

Wer viel mit dem Lesegerät arbeitet, hat häufig bestimmte Standardeinstellungen, die immer wieder genutzt werden. Einige Geräte bieten eine Speichermöglichkeit für solche häufig benötigten Einstellungen, so dass diese schnell aktiviert werden können. Diese werden dann z.B. über eine zusätzliche Steuerkonsole, die nach Belieben auf dem Schreibtisch platziert werden kann, aufgerufen. Auch die Bedienung per PC-Tastenkombination ist hier häufig. Gemeinsam ist diesen Bedienvarianten, dass die Handhabung nicht ganz so simpel ist wie im ersten geschilderten Fall.

Ein Plus für Arbeitnehmer, die viel mit Formularen zu tun haben, bietet der Visio PC (Baum): hier können 500 Formularpositionen gespeichert werden, auf die die Kamera dann automatisch schwenkt, denn bei diesem Gerät wird nicht das Lesegut, sondern die Kamera bewegt.

Der neu auf den Markt gekommene LiveReader (Audiocharta) bietet eine weitere interessante Arbeitshilfe, mit der er eigentlich eine Sonderstellung einnimmt. Er verfügt neben der Bildschirmlesegerät-Funktion über den sogenannten "LiveReader-Modus". Dabei wird die Vorlage eingescannt und der Text kann anschließend mit Sprachausgabe vorgelesen werden (zugrundeliegende OCR-Software ist die FineReaderEngine 5.0). Wie bei allen Vorlesesystemen ist auch hier das fehlerlose Vorlesen immer abhängig von der Vorlage. Nutzer sollten daher ausprobieren, wie das Gerät mit ihrem Arbeitsmaterial zurecht kommt. Etwas gewöhnungsbedürftig ist sicher auch die Bedienung mit einem Touchscreen, wie sie hier vorgesehen ist. Interessant dürfte der LiveReader vor allem für Anwender sein, die viel Text lesen müssen oder ansonsten viel Material im Computer archivieren möchten, um es dort jederzeit verfügbar zu haben.

Geräte mit Anschluss für Fernkamera

Einige Kamerasysteme mit fester Lesegutkamera bieten einen weiteren Anschluss für eine Raumkamera, bei anderen untersuchten Geräten war die Lesegutkamera schwenkbar und auch als Raumkamera einzusetzen. Eine feste Lesegutkamera ist dabei vor allem dann eine interessante Konstruktion, wenn ansonsten sehr viel zwischen Fern- und Nahsicht hin- und hergeschwenkt werden müsste. Kombinierte Kameras sind hingegen oft platzsparend.

In der Bedienung und bei den Lesehilfen gilt für die Geräte mit Fernkameraanschluss dasselbe wie für die "Geräte mit PC-Anschluss", da sie alle auch über PC-Anschluss verfügen.

Wo kann ich Bildschirmlesegeräte direkt ausprobieren?

Es ist in jedem Fall wichtig, ein in Frage kommendes Bildschirmlesegerät länger auszuprobieren, um zu sehen, ob das Gerät auch in Dauergebrauch den eigenen Anforderungen entspricht.

Viele Hersteller bieten Räume, in denen man sich die Geräte ansehen kann. In neutraler Atmosphäre informieren z.B. Berufsförderungswerke oder Betroffenenvereine, die häufig Geräte unterschiedlicher Hersteller zur Ansicht vor Ort haben.

Einige wichtige Fragen bei der Vorauswahl des Gerätes:

Die erste und wichtigste Frage ist: Was will ich mit meinem Bildschirmlesegerät können?

  1. Will ich viele Fotos, Stadtpläne oder andere farbige Vorlagen ansehen?
    Info: In diesem Fall wäre ein Echtfarbgerät notwendig, das die Krankenkassen in der Regel nicht zahlen.
  2. Soll ein PC angeschlossen werden?
    Info: Bietet unter anderem die Möglichkeit, nur einen Monitor aufzustellen und damit Platz zu sparen.
  3. Muss ich auch entferntere Objekte im Raum erkennen?
    Info: Kombinierte Nah-/Fernkameras kommen auch ohne zusätzliche Beleuchtung aus und sind daher möglicherweise besonders interessant für Blendempfindliche.
  4. Werden häufig längere Texte gelesen?
    Info: Bestimmte Lesehilfen erleichtern dieses, z.B. ein Lesetisch, automatischer Zeilenlesemodus, die Möglichkeit zum Scannen. Zu überlegen ist auch, ob man neben dem Bildschirmlesegerät auch ein Vorlesesystem installieren sollte.
  5. Werden bestimmte Standardeinstellungen öfter benutzt?
    Info: In diesem Fall ist ein Gerät mit Profil-Speichermöglichkeit von Vorteil.
  6. Kommt eher ein Flachbildschirm oder ein konventioneller Monitor in Frage?
    Info: Hier sollte man ruhig ein wenig länger ausprobieren, ob z.B. das "Nachziehen" der Buchstaben beim Flachbildschirm auf Dauer stört oder ob der konventionelle Monitor zu stark flimmert.
  7. Kommt es auf die Größe des Monitors an?
    Info: Bildschirmlesegeräte werden oft mit recht großen Monitoren angeboten, die nicht in jedem Fall notwendig sind, z.B. wenn der Blickwinkel ohnehin stark eingeschränkt ist.
  8. Beleuchtung: Welche Art der Beleuchtung wird bevorzugt?
    Info: Wer gar keine Zusatzbeleuchtung mag, sollte sich vielleicht nach einer Kombikamera oder einem Infrarotgerät (z.B. von Optron) umsehen.

Auf dieser Seite kommen 7 Begriffe vor, die in unserem Wörterbuch erläutert werden: Bildschirmlesegeräte, Kreuztisch, Lesetisch, Monitor, Sprachausgabe, Touchscreen und Vorlesesysteme.


nach oben

Letzte Änderung: 19.07.2010 | © 2006 - 2013 DIAS GmbH | Impressum | Barrierefrei?