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Geeignete Notebooks für Sehbehinderte?

von Franziska Padge, INCOBS 2007

Heute erfordern viele Arbeitsplätze ein hohes Maß an Mobilität. Das Arbeiten an einem Notebook außerhalb des Büros ist keine Ausnahme mehr. Somit kann ein Notebook wichtiger Bestandteil der Arbeitsplatzausstattung sein. Auch für Schüler und Studenten ist die Benutzung eines Notebooks selbstverständlich geworden und der Anteil der Notebooks für den "Hausgebrauch" steigt weiter. Die Vorteile liegen auf der Hand. Notebooks sind mobil und nehmen bei Nichtgebrauch wenig Platz weg. Nachteile gegenüber einem herkömmlichen PC sind die schlechtere Anpassungsfähigkeit an technische Entwicklungen und die geringere Rechnerleistung. Und das, obwohl PCs in der Regel günstiger sind.

Je nach Anwendungszweck entscheidet sich, ob ein PC oder ein Notebook geeignet ist. Erfordert die Arbeit ein hohes Maß an Mobilität, ist ein Notebook eine sinnvolle Anschaffung. Bei der Auswahl des Geräts sollte man sich vorher gut informieren und auf einige wichtige Kriterien achten.

Kaufkriterien wie Preis, Akkuleistung oder Gewicht sind für alle Notebooknutzer relevant. Computerzeitschriften oder Verbraucherschutzorganisationen informieren in regelmäßigen Abständen über Qualität und Leistungsspektrum von Notebooks.

Personen mit Seheinschränkungen und Blinde sollten beim Kauf eines Notebooks ebenso darauf achten, dass Monitor und Tastatur geeignet sind und Hilfsmittel problemlos angeschlossen und genutzt werden können.

Notebooks im Test

INCOBS hat im Juni 2007 zum ersten Mal Notebooks auf ihre Tauglichkeit für sehbehinderte Nutzer geprüft. Der Test fand in Zusammenarbeit mit dem Berufsförderungswerk Halle statt. Die Stiftung Warentest, die in der Juli-Ausgabe der Zeitschrift "test" ebenfalls Notebooks getestet hatte,  stellte INCOBS ihre Püfmuster zur Verfügung. Getestet wurden neun Notebooks mit dem Betriebssystem Windows Vista und ein Apple MacBook. Die Notebooks kosten zwischen 1.100 und 1.250 Euro und liegen damit im unteren Bereich der mittleren Preisklasse:

  • Acer Aspire 5683 WLMI
  • Apple MacBook
  • ASUS F3JR-AP045C
  • DELL Inspiron 6400 Extreme
  • Fujitsu-Siemens Amilo Pa 1538
  • HP Pavilion Media Center dv 6357 eu
  • Lenovo 3000 N 100 (0768-FMG)
  • Samsung R55-Aura-T5500 Cazza
  • Sony Vaio VGN-FE41E
  • Toshiba Satellite A20-13T

Die Beurteilung der Stiftung Warentest hat gezeigt, dass die getesteten Notebooks für das Surfen im Internet, Abrufen von E-Mails u.ä. durchaus geeignet sind. Doch die Bestnote "Gut" (2,5) lässt auf keine herausragende Leistung der getesteten Geräte schließen. Unsere Bewertung in Bezug auf die Nutzbarkeit der Notebooks für sehbehinderte Menschen fällt eindeutig negativ aus. Der Grund hierfür: alle Notebooks hatten stark reflektierende Displays.

Der praktische Test

Gemeinsam mit dem Berufsförderungswerk Halle wurden Testkriterien definiert. Es ging neben der Bedienbarkeit der Tastatur auch um die Eignung des Displays und hier in erster Linie um die Überprüfung des sogenannten Nachzieheffektes.

Gemeinsam mit Mitarbeitern des BFW Halle wurden die von der Stiftung Warentest zur Verfügung gestellten Notebooks einem Praxistest in zwei Schritten unterzogen.

  1. Im ersten Schritt wurden Tastatur und Funktionstasten des Notebooks geprüft. Hierbei wurden die Größe, Lesbarkeit der Beschriftung, Position am Notebook, der Druckpunkt sowie die Abgrenzung der einzelnen Tasten bewertet.
  2. Test mit Großschriftsoftware: In einer durchschnittlichen Vergrößerungsstufe wurde ein Text im Laufschriftmodus angezeigt. Einmal im Schwarz-auf-Weiß-Modus, anschließend im Farbmodus Gelb auf Blau. Nun wurde beobachtet, ob die Schrift beim "Laufen" nachzieht.

Der geplante Test mit einem Kamera-Lesesystem entfiel, da die Software des Systems (noch) nicht mit dem Betriebssystem Windows Vista bzw. Mac OS X kompatibel war.

Die Ergebnisse

Display

Die sogenannten "Glare-Type-Displays" haben sich in der letzten Zeit auf dem Markt durchgesetzt. Ihre hochglänzenden Oberflächen bieten ein sehr gutes Kontrastverhältnis und eignen sich gut zum Anschauen von Filmen. Die Glare-Type-Displays sind aber nicht für Umgebungen mit hellen Lichtquellen geeignet, da sich diese im Bildschirm spiegeln und das Monitorbild überdecken. Auch Nutzer ohne Sehprobleme müssen dann eine hohe Konzentration aufbringen, um mit dem eigentlichen Bild zu arbeiten. Die von INCOBS getesteten Notebooks sind alle mit stark spiegelnden Bildschirmen ausgestattet. Besonders auffällig war der zusätzlich glänzende Rahmen des Acer Notebooks.

Die Displaygröße ist mit Ausnahme des Glare-Type-DisplaysMacBook 15 Zoll Notebooks, die Anzeige erfolgt im 16:10 Format (Glare-Type-DisplaysWideScreen). Das Glare-Type-DisplaysWideScreen-Format oder auch Breitbildformat eignet sich mehr als Heimkino für das Anschauen von Filmen als für den Büroarbeitsplatz. Experten haben errechnet, dass sie bis zu 8% weniger Platz bieten als ein normaler 19-Zoll-Monitor.

INCOBS hat die Bildschirme mit Vergrößerungssoftware auf Nachzieheffekte untersucht. Gemeint ist mit dem Nachzieheffekt ein verschwommenes, unscharfes Bild, das bei Bewegung entsteht, z.B. beim Arbeiten mit der Maus oder der Laufschrift der Vergrößerungssoftware. Verantwortlich für den Nachzieheffekt ist in erster Linie die Reaktionsgeschwindigkeit des Bildschirms. Gute Ergebnisse werden bei einer Reaktionszeit unter 10 ms erzielt. Zwischen 10 bis 20 ms, was bei vielen Notebooks der Fall ist, ist der Nachzieheffekt bei geringer Laufschriftgeschwindigkeit noch akzeptabel; Bildschirme mit einer Zeit über 20 ms sind nicht zu empfehlen. Bei den getesteten Notebooks liegt die Reaktionszeit zwischen 15 und 25 ms. Im Test kam es daher erwartungsgemäß schon bei der ersten Laufgeschwindigkeitsstufe zu "mittleren", teilweise zu "starken" Nachzieheffekten. Ab der zweiten Laufschriftgeschwindigkeit wurden bei allen Geräten "starke" Nachzieheffekte beobachtet.

Nicht bewertet wurden das Toshiba Notebook und das MacBook, da die Vergrößerungssoftware nicht installiert werden konnte, bei dem ASUS gab es durch die Grafikkarte beim Test Schwierigkeiten, der Cursor wurde nicht verfolgt und Buchstaben nicht richtig angezeigt.

In Bezug auf die Interpolation, also der Anpassung an niedrigere Auflösungen als die Optimalauflösung, wurden keine Unterschiede zwischen den einzelnen Notebooks festgestellt. Das Urteil war durchgehend "akzeptabel".

Beschaffenheit von Tasten und Knöpfen

Für sehbehinderte und blinde Menschen sind Anordnung, Größe und Beschriftung der Tasten und Knöpfe für die Arbeit mit einem Notebook wichtig.

Beispielsweise ist die Beschriftung der Tasten oft unterschiedlich kontrastreich. Manche Hilfsmittelvertreiber bieten an, die Tastaturen nachträglich neu zu beschriften oder zu markieren. Hierzu müssen die Tastaturen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, z.B. eine sogenannte Full-Size-Tastatur und abnehmbare Tasten aufweisen. Bei den getesteten Geräten entsprechen - bis auf einige Ausnahmen - die Anordnung und Größe der Buchstabentasten dem Notebook-Standard, sind aber keine Full-Size-Tastaturen.

Der An-/Ausschaltknopf unterscheidet sich hinsichtlich Form und Größe zumeist nicht gut von den umliegenden Tasten. Die Markierung der F- und J-Tasten, die wichtig für die Orientierung auf dem Buchstabenfeld sind, ist bei vier der getesteten Notebooks deutlich, bei fünf Geräten schwach und dem Fujitsu Siemens-Notebook sehr schlecht fühlbar.

Positiv fiel die Bewertung der Tasten und Knöpfe für die Notebooks von Samsung und Lenovo aus. Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass hier die Fn- und Strg-Tasten umgekehrt angeordnet sind. Positiv aufgefallen ist die Größe der Tastatur des Toshiba Notebooks. Insgesamt schlecht fiel die Bewertung für das HP-Gerät aus. Hier liegen die Funktionstasten sehr nah an der Sensortaste des Quickplayers, der somit leicht versehentlich aktiviert werden kann.

Anschlüsse

USB und Firewire-Anschlüsse gehören wie interne Lautsprecher heute zum Standard. Somit ist es kein Problem mehr, Hilfsmittel, z.B. einen großen Monitor, eine zusätzliche Tastatur oder einen Nummernblock, anzuschließen.

Werden am Arbeitsplatz an das Notebook mehrere Geräte wie Monitor, Tastatur oder Kameralesegerät angeschlossen, ist jedoch eine Dockingstation zu empfehlen. Alle geprüften Laptops sind mit ausreichend vielen USB-Anschlüssen ausgestattet. Über einen Anschluss für eine Dockingstation und eine passende Dockingstation, die den Anschluss an Peripheriegeräte vereinfacht, verfügen jedoch nur die Notebooks von Sony-, HP und Toshiba.

Betriebssystem

Viele der neu am Markt erscheinenden Notebooks laufen unter dem Betriebssystem Windows Vista. Viele Hilfsmittel wie Screenreader, Vergrößerungssoftware und Treiber von Kameralesegeräten sind mit diesem System zur Zeit noch nicht kompatibel. Zudem frisst das neue Betriebssystem einen Teil der immer besseren Technik auf. Deshalb greifen einige Hersteller auch wieder auf Windows XP als Betriebssystem zurück. Es ist daher sinnvoll, sich noch ein Notebook mit einem anderen Betriebssystem zu kaufen oder zu warten, bis die Hilfsmittel problemlos unter Windows Vista laufen.

Fazit

Aufgrund der verwendeten Bildschirme - sie reflektieren stark und die Reaktionsgeschwindigkeit ist meist zu langsam für die Arbeit mit Vergrößerungssoftware - raten wir sehbehinderten Nutzern von allen getesteten Notebooks ab.

Leider spiegelt sich bei den von der Stiftung Warentest ausgewählten Geräten der Trend der Zeit wieder. Obwohl in Fachzeitschriften und Testberichten immer wieder die glänzenden Displays kritisiert werden, sind diese vor allem bei Privatnutzern anscheinend sehr beliebt.

Sehbehinderten Nutzern raten wir, vorab genau zu erproben, ob ein glänzender Bildschirm in Frage kommt, besonders wenn er für die Arbeit genutzt werden soll. Besser geeignet für Sehbehinderte sind Notebooks mit matten, entspiegelten Displays. Sie lassen sich vor allem im Bereich der Business Notebooks finden. Einige Anbieter bieten auch - alternativ zu spiegelnden - entspiegelte Bildschirme an.

INCOBS wird voraussichtlich im November mit der Stiftung Warentest einen Notebook-Nachfolgetest durchführen. Wir hoffen, dass wir dann über geeignetere Modelle für blinde und sehbehinderte Anwender berichten können.



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Letzte Änderung: 19.07.2010 | © 2006 - 2013 DIAS GmbH | Impressum | Barrierefrei?