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Wie gut sind Seniorentelefone?

von Heike Clauss, INCOBS 2009

Inzwischen kommen immer mehr spezielle Produkte für Senioren auf den Markt, hierzu zählen auch verschiedenste Telefone und Handys. Die Geräte sind meist auffällig groß und kontrastreich beschriftet.

INCOBS – Informationspool Computerhilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte hat exemplarisch zwei Telefone für Senioren getestet. Beide Geräte sind mit Sprachausgabe ausgestattet und deshalb laut Hersteller besonders gut für sehbehinderte Menschen geeignet. INCOBS hat die Funktionalität der Telefone überprüft: sind sie tatsächlich für sehbehinderte oder für blinde Personen zu empfehlen?

Telefone im Test

Im Test standen die schnurgebundenen Telefone SeePlus 314ci von dem Hersteller Doro und Geemarc CL 330 der Firma Geemarc Telecom. Beide Telefone sind von verschiedenen Anbietern über das Internet zu beziehen und kosten jeweils zwischen 100 und 120 Euro.

Funktionen

Die Telefone bieten nur wenige zusätzliche Funktionen: neben den jeweils vier Tasten für Kurzwahl stehen verschiedene Klingeltöne zur Verfügung, deren Auswahl und Lautstärke durch Schieberegler an der Seite des Telefons eingestellt werden. Über ein Menü ist es möglich, Rufnummern in einem Telefonbuch zu speichern. Für Menschen mit Höreinschränkungen gibt es die Möglichkeit, die Lautstärke des Hörers und der Lautsprecher zu verstellen.

Tastatur

Beide Geräte sind auf den ersten Blick als Spezialentwicklungen zu erkennen. Sie besitzen sehr große Tasten, die mit über 10 mm großen kontrastreichen Ziffern versehen sind. Positiv ist, dass die einzelnen Tasten deutlich voneinander getrennt sind. Im Test erweist sich zudem der Druckpunkt sämtlicher Tasten als gut. Für Menschen mit hochgradiger Sehschädigung ist außerdem von Vorteil, dass jeweils die Ziffer 5 gut fühlbar markiert ist, auf diese Weise kann man sich auf der konventionellen Tastatur auch taktil gut orientieren. Damit sind beide Tastaturen auf die Bedürfnisse von blinden und sehbehinderten Menschen ausgerichtet.

Display

Ganz anders sieht es mit den Displays der Telefone aus. Zwar sind beide Displays recht groß (SeePlus 33 x 93 mm, Geemarc 33 x 80 mm) und auch die Schriftgröße ist mit 8 bzw. 7 mm ganz in Ordnung. Aber warum wurden in beiden Fällen extrem kontrastarme Farben ausgewählt? Bei dem SeePlus hebt sich die schwarze Schrift nur schwer erkennbar von dem silbergrauen Grund ab. Dem Nutzer werden auch keine Möglichkeiten geboten, das Display auf individuelle Bedürfnisse einzustellen und z.B. Schrifttyp, Hintergrundbeleuchtung oder Kontrast zu variieren.

Etwas besser schneidet das Geemarc ab, allerdings ist schwarze Schrift auf blauem Grund auch nicht die erste Wahl für ein Telefon, das speziell für Sehbehinderte entwickelt wurde. Immerhin leuchtet der blaue Hintergrund stärker als der silbergraue des SeePlus. Beim Geemarc lässt sich zwar der Kontrast in mehreren Stufen verstellen, allerdings erscheint nur Stufe 3 wirklich brauchbar, weil ab Stufe 4 Hintergrundelemente sichtbar werden und in Stufe 1 und 2 nicht alles von der Schrift dargestellt wird (die Schrift erscheint dann pixeliger).

Sprachausgabe

Beide Telefone verfügen über eine Sprachausgabe, die Personen mit Seheinschränkung die Bedienung erleichtern soll.

Die weibliche deutsche Stimme des SeePlus ist mechanisch in der Lautstärke regelbar, klingt allerdings etwas undeutlich. Besser verständlich ist hier die männliche Sprache des Geemarc CL330. Bei beiden Telefonen kann der Nutzer zu einer eingegebenen Telefonnummer einen Namen aufsprechen. Im Anschluss werden dann beim Blättern im Telefonbuch oder bei eingehenden Anrufen die Telefonnummern und der aufgesprochene Name von der Sprachausgabe wiedergegeben.

Allerdings wird das Navigieren im Menü nicht von der Sprache begleitet, z.B. zum Einstellen von Klingeltönen, Kontrasten oder zum Speichern von Telefonnummern. Der Nutzer erhält also keine akustische Rückmeldung, ob eine Einstellung erfolgreich war oder nicht. Bei dem SeePlus erhält man wenigstens eine akustische Rückmeldung in Form eines Signaltons, wenn man eine Funktionstaste drückt, nicht einmal das ist bei dem Geemarc der Fall.

Letztlich bedeutet das: blinde oder hochgradig sehbehinderte Personen können die Sprachausgabe gar nicht nutzen, da die vorzunehmenden Einstellungen im Menü nicht von der Sprache begleitet werden. Anscheinend gehen die Hersteller davon aus, dass immer eine sehende Hilfe bei der Bedienung unterstützt oder die Nutzer doch nicht allzu schlecht sehen können.

Menübedienung

Auch in der Menübedienung sind sich die beiden Telefone sehr ähnlich. Das Menü lässt sich mit einem Knopf aufrufen, mithilfe von zwei Pfeiltasten kann der Nutzer darin navigieren. Die Menüstruktur ist insgesamt sehr einfach, wird allerdings, wie beschrieben, nicht von der Sprachausgabe begleitet.

Tonqualität

Diverse Telefonate ergaben, dass das Mikrofon des Hörers beim SeePlus 314ci leicht verzerrt und die Freisprecheinrichtung sehr höhenbetont klingt. Die Freisprecheinrichtung des Geemarc hat dagegen einen relativ ausgewogenen, deutlichen Klang. Die Lautsprecher sind bei beiden Telefonen aber recht ordentlich und Gesprächspartner sind gut zu verstehen.

Fazit

Es ist zunächst begrüßenswert, dass es immer mehr Produkte auf dem Markt gibt, die als Zielgruppe nicht nur junge, technikbegeisterte Menschen ansprechen. Auf den ersten Blick sind die beiden getesteten Telefone auch sehr gut für seheingeschränkte Menschen geeignet. Die Größe und die kontrastreiche Beschriftung der Tastatur unterstützen das einfache Anwählen von Telefonnummern. Leider haben die Entwickler beider Produkte aber kein umfassendes Konzept abgeliefert. Warum wurde im Display der Telefone nicht auf einen besseren Kontrast zwischen Schrift und Hintergrund geachtet? Und warum begleitet die Sprachausgabe nicht die Bedienung des Menüs? Hätte man hierauf geachtet, wären beide Telefone auch sehr gut für hochgradig sehbehinderte und blinde Personen nutzbar. So bleibt diesen Zielgruppen wieder der Zugang verschlossen.


Auf dieser Seite kommt ein Begriff vor, der in unserem Wörterbuch erläutert wird.

Dieser Begriff ist: Sprachausgabe


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Letzte Änderung: 01.06.2012 | © 2006 - 2013 DIAS GmbH | Impressum | Barrierefrei?