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knfb Reader: Vorlesehandy im Test

von Carsten Albrecht und Heike Klamroth, INCOBS 2008

Ein Handy, das als Vorlesegerät eingesetzt werden kann? Mit dieser ebenso einfachen wie verlockenden Idee sorgte der "knfb Reader" auf der SightCity 2008 für Furore. Durch die Texterkennungssoftware knfb Reader soll das Handy zu einem portablen Vorlesegerät gemacht werden, das blinden Menschen gedruckte Texte an jedem Ort zu jeder Zeit zugänglich macht. Diese Ankündigung ließ INCOBS - Informationspool Computerhilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte - hellhörig werden. Wir haben getestet, wie das Vorlesehandy funktioniert, und ob es gar herkömmliche Scanner-Lesesysteme ersetzen kann.

Das Produkt

Der knfb Reader ist eine Texterkennungssoftware, die derzeit ausschließlich auf dem Handy N82 der Firma Nokia installiert und genutzt werden kann. Der Grund dafür ist die integrierte Kamera des Handys, die über einen sog. Xenonblitz verfügt. Zur Ausgabe des fotografierten Textes steht die bekannte Sprachausgabe Eloquence TTS zur Verfügung. Es können aber auch andere Sprachausgaben, sofern sie auf dem Handy installiert sind, genutzt werden. Zudem können einmal erfasste Texte als Dateien abgespeichert und auf den PC übertragen werden.

Die Bedienung

Eine Frage drängt sich als erstes auf: wie gelingt es dem blinden Anwender, das Schriftgut korrekt zu fotografieren? Das Handy sollte in einer Höhe von 25 bis 30 cm zentriert über dem Schriftstück gehalten werden. Wie wir schnell feststellen mussten, ist das freihändig nicht ganz einfach. Es ist eine ruhige Hand, viel Geduld und noch mehr Übung notwendig, um die Kamera exakt zu positionieren. Empfehlenswert kann es sein, die Kamera mit beiden Händen zu halten und dabei die Ellenbogen aufzustützen. Als Hilfe für das Ausrichten des Lesegutes kann z.B. eine Tischkante dienen. Weil es auch dann nicht immer klappt, besteht die Möglichkeit, ein Testbild für die Rückmeldung der Kameraposition zu machen. Angesichts dieser Schwierigkeiten hatten wir schon überlegt, uns ein kleines Stativ zu basteln . . .

Die wichtigsten Befehle zur Steuerung des Readers werden über das Cursorkreuz des Handys aktiviert. Wer generell keine Probleme hat, eine Handytastatur zu bedienen, wird auch mit der Bedienung des Readers wenig Schwierigkeiten haben. Die wichtigsten Befehle werden mit einem einfachen Tastendruck, also nicht mit Tastenkombinationen, ausgelöst. Nach der Verarbeitung wird der Text auf dem Display des Handys angezeigt und vorgelesen. War die Verarbeitung nicht korrekt, wird der fehlerhafte Text angezeigt bzw. angesagt oder der Anwender bekommt die Mitteilung, dass die Verarbeitung nicht erfolgen konnte und abgebrochen wurde. Es besteht übrigens die Möglichkeit, einen Kopfhörer an das Telefon anzuschließen, um den fotografierten Text auch diskret zu hören.

Die Texterfassung

Beim Vergleich mit stationären Scannerlesesystemen kann der knfb Reader noch nicht mithalten. Die Texterfassung mit der Kamera des Handys ist bislang einfach nicht so zuverlässig wie mit dem Scanner. Zu beanstanden ist vor allem, dass Texte im DIN A4-Format nicht mit einem Bild erfasst werden können. Entweder fehlt ein Teil der Zeilenenden oder der Abstand ist so groß, dass sich die Wiedergabefehler häufen. Auch schwache Kontraste wie bei Zeitungspapier sorgten für Schwierigkeiten.

Ist der Text jedoch einmal korrekt erkannt, liest die Sprachausgabe diesen auch zuverlässig und deutlich vor. Verschiedenfarbige Vorlagen, Zahlenangaben, Abkürzungen, E-Mail- oder Internetadressen werden exakt wiedergegeben. Auch mit Tabellen oder Infoboxen im Text kommt der knfb Reader gut zurecht.

Vorteilhaft an der Verwendung einer Kamera anstelle des Scanners ist natürlich, dass auch Texte auf dreidimensionalen Gegenständen erfasst werden können, z.B. Verpackungsbeschriftungen.

Fazit

Ein stationäres Vorlesesystem kann der knfb Reader noch nicht ersetzen. Fest steht aber, dass mit dem knfb Reader ein erster wichtiger Schritt in Richtung mobiler Texterkennung gemacht wurde.

Problematisch ist vor allem die korrekte Ausrichtung der Handykamera über dem Schriftgut. Auf Seiten des Anwenders erfordert das sehr viel Geduld und Übung. Ist dieser Schritt aber getan, liest die Sprachausgabe Texte oder Verpackungsbeschriftungen recht zuverlässig vor.

Für den stolzen Preis von 1.500 bis 1.600 Euro ist der knfb Reader bei folgenden Anbietern zu beziehen: Büro für Barrierefreie Bildung, Handy Tech Elektronik GmbH, Marland GmbH und ProTak e.K.


Auf dieser Seite kommen 6 Begriffe vor, die in unserem Wörterbuch erläutert werden: OCR Software, Scanner, Sprachausgabe, Tastenkombination, Text-to-Speech und Vorlesesysteme.


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Letzte Änderung: 16.11.2009 | © 2006 - 2013 DIAS GmbH | Impressum | Barrierefrei?