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Test: Texterkennung für Handys 2010
Ergebnisse im Überblick

Mithilfe spezieller Texterkennungssoftware können Handys in mobile Vorlesegeräte verwandelt werden. Die Schriftstücke werden mit der Handykamera fotografiert und anschließend von einer Sprachausgabe vorgelesen. Aber wie gut funktioniert das wirklich? Und welche Software arbeitet am zuverlässigsten? INCOBS hat die drei auf dem deutschen Markt erhältlichen Vorleseprogramme für Handys getestet.

Die Idee, das Handy zum Vorlesen von Texten zu nutzen, ist inzwischen nicht mehr ganz neu. Erstmals sorgte der knfb Reader auf der Hilfsmittelmesse SightCity 2008 für Furore, im letzten Jahr erschien die Vorlesesoftware TextScout von der deutschen Firma Elumo und aktuell bietet die Firma beyo aus Potsdam den beyo CBS Reader 2.0 an. INCOBS – Informationspool Computerhilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte hat die drei Softwareprodukte unter die Lupe genommen. Getestet wurden die jeweils neuesten Produktversionen mit dem Nokia Handy N86.

Welche Handys können genutzt werden?

Nicht jedes Handy taugt zum Vorlesegerät. Damit die Texterkennungssoftware auf einem Handy installiert werden kann, sind bestimmte Systemvoraussetzungen notwendig. Außerdem muss das Handy natürlich über eine Kamera verfügen. Die Entwickler oder Anbieter der Software geben Listen mit den jeweils kompatiblen Handys heraus. Interessierte können diese auch im Internet finden. Alle drei Produkte harmonisieren mit den Handy-Screenreadern Talks oder Mobile Speak.

Besonderheit des TextScouts ist, dass die Daten über eine Internetverbindung zu einem zentralen Server geschickt und dort verarbeitet werden. Somit dauert es u.U. etwas länger, bis der Text vorgelesen wird. Vor allem sollte man über einen günstigen Internettarif für das Mobiltelefon verfügen. Beim knfb Reader und dem beyo CBS Reader findet die Textverarbeitung auf dem Handy selbst statt.

Generell ist zu beachten, dass die „herkömmlichen“ Handys, die genutzt werden können, nicht speziell auf die Bedürfnisse blinder oder sehbehinderter Menschen abgestimmt sind.

Wie ist das korrekte Fotografieren möglich?

Grundsätzlich ist das freihändige „blinde“ Fotografieren von Schriftstücken nicht einfach, es erfordert einiges an Übung und eine ruhige Hand. Auch Geduld sollte man mitbringen: in unserem Test waren häufig viele Versuche notwendig, um eine korrekte Aufnahme zu erzielen.

Unterstützung erhalten die Nutzer des TextScouts und des beyo CBS Readers durch sogenannte „akustische Ausrichthilfen“. Gut gefallen hat uns allerdings nur die Hilfe des TextScouts. Höher werdende Töne zeigen an, wann die Position des Handys korrekt ist. Das Foto wird dann automatisch ausgelöst. Als weniger hilfreich wurden die recht leisen Töne des beyo Readers empfunden, die ziemlich „dudelig“ erschei¬nen und durch die zu schnelle Tonfolge schwer einzuordnen sind.

Schwachstelle beim knfb Reader ist eindeutig das Fehlen jeglicher Hilfestellung beim Fotografieren. Allerdings meldet die Sprachausgabe gleich nach dem Fotografieren, ob der Text korrekt erfasst wurde oder ob Teile abgeschnitten wurden. Diese Informationen werden auch vom TextScout geboten, leider aber nicht vom beyo Reader. So wird z.B. angeschnittener Text ohne Vorwarnung einfach hieroglyphenartig vorgelesen. Ob Textteile fehlen, erfährt der Nutzer gar nicht.

Zum Schluss noch ein Tipp, um das Fotografieren zu vereinfachen: Empfehlenswert ist es, die Kamera mit beiden Händen zu halten und dabei die Ellenbogen aufzustützen. Als Hilfe für das Ausrichten des Lesegutes kann z.B. eine Tischkante dienen.

Wird der erfasste Text zuverlässig vorgelesen?

Ist die größte Hürde genommen und konnte ein wirklich gutes Foto gemacht werden, lesen die drei Produkte eine Normalvorlage DIN A4 in Schwarz-Weiß-Kontrast mit der Schrift Arial in Größe 12 recht zuverlässig vor.

Während der knfb Reader und der TextScout auch mit kleiner Schrift wie Schriftgröße 7 noch gut zurechtkommen (letzterer muss allerdings dann auf kleine Schriften umgestellt werden), traten beim beyo CBS Reader ab Schriftgröße 9 gehäuft Fehler auf.

Oft nicht korrekt wiedergegeben wurden von dem beyo Reader auch Datumsangaben, große Zahlen, diskrete Daten (z.B. Buchstaben-Zahlen-Mix) oder E-Mail Adressen, das €-Zeichen wurde überhaupt nicht erkannt und ausgegeben. Hier konnten die beiden anderen Programme punkten.

Auch mit Tabellen im Text können nur der knfb Reader und der TextScout sinnvoll umgehen, indem sie immer eine Tabellenzeile vorlesen. Allerdings muss der Nutzer vorab die Moduseinstellungen verändern.

Insgesamt ist der Leistungsstand der Texterkennungssoftware auf den Handys noch nicht mit dem stationärer Vorlesesysteme vergleichbar. Aber für den mobilen Einsatz zwischendurch, reicht die Texterkennungsrate sicherlich in den meisten Fällen aus.

Abspeichern von Texten

Alle Produkte speichern die vorgelesenen Informationen in einer TXT-Datei ab, beim TextScout kann man hierfür auch das RTF-Format auswählen. Die gespeicherten Daten können dann auf den Computer übertragen werden. Während der TextScout und der knfb Reader eine sprachgestützte Dateiverwaltung zur Organisation der Dateien anbieten, fehlt diese beim beyo Reader leider. Im Mobiltelefon können Dateien nur mithilfe eines Dateimanagers umbenannt werden. Nach dem Umbenennen werden sie aber vom beyo Reader selbst nicht mehr erkannt. Positiv beim knfb Reader: Mehrere Seiten können zu einem Dokument zusammengefasst werden.

Textvergrößerung über das Handydisplay

Sowohl der TextScout als auch der knfb Reader bieten die Möglichkeit, den aufgenommenen Text vergrößert auf dem Telefondisplay wiederzugeben. Sehbehinderte Nutzer sollten allerdings prüfen, wie gut sie mit dieser Vergrößerung auf dem relativ kleinen Handydisplay zurechtkommen. Bei beyo konnten wir keine vergleichbare Funktion entdecken.

Fazit

Ob die Texterfassung mit einem Handy funktioniert, ist zunächst davon abhängig, wie gut das Schriftstück mit der Handykamera fotografiert werden kann. Eindeutiger Sieger ist hier der TextScout, der mit seiner Ausrichthilfe blinde Nutzer am besten unterstützt.

Beim korrekten Vorlesen der Vorlagen kann der beyo CBS Reader nicht ganz mit den beiden anderen Produkten mithalten. Allerdings gibt es auch große Preisunterschiede: Der knfb Reader liegt bei ca. 1.200 Euro und der TextScout kostet ca. 600 Euro. Mit knapp 200 Euro ist der beyo CBS Reader ein richtiges Sonderangebot. Diese Angaben werden sicherlich jede Kaufentscheidung beeinflussen.


Auf dieser Seite kommen 3 Begriffe vor, die in unserem Wörterbuch erläutert werden: OCR Software, Sprachausgabe und Vorlesesysteme.


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Letzte Änderung: 13.09.2010 | © 2006 - 2013 DIAS GmbH | Impressum | Barrierefrei?